Autor Jean-Philippe Devise im Rahmen einer Lesung zu Gast am DHG
„Das war cool“, sagte Jean-Philippe Devise zum Abschluss seiner Lesung im Festsaal der Gymnasien und mit einem kräftigen Applaus gaben ihm die Schüler zu verstehen, dass ihr Fazit der Veranstaltung ebenso ausfällt. Beim letzten von drei Durchgängen à 90 Minuten genoss der französische Autor sichtlich den Dialog mit den Schülern der Kursstufe des DHG und des AMG, die ihm Fragen kompetent in seiner Muttersprache zu beantworten wussten. Zuvor absolvierte Monsieur Devise bereits zwei Lesungen mit jüngeren Schülern und konnte sein Programm gezielt auf das Niveau seiner Zuhörer zuschneiden. Mal etwas mehr auf Französisch, dann wieder auf Deutsch. Als frankophoner Muttersprachler, der seine Texte aber immer zuerst in der hiesigen Landessprache schreibt und erst dann übersetzt, ist er da flexibel.
In einer Fragerunde von Seiten der Schüler konnten diese dem Schriftsteller die eine oder andere Hintergrundinformation zu seinem Schaffen und seiner Biographie entlocken. Was seine Motivation für das Verfassen von Texten angeht, so könne man bei den Damen ganz gut punkten, wenn man sagt, dass man Geschichten schreibt, meint er schmunzelnd. Doch schon als Kind habe er geschrieben, denn im Alter von etwa 10 Jahren stellte er fest, dass Erwachsene oft das Gegenteil von dem sagen, was sie meinen. Diesem Umstand und vielen anderen Begebenheiten, die er im Alltag beobachtet hat, sei er in seinen Texten nachgegangen.
So beruht auch die vorgetragene Kurzgeschichte „Un détour“ („Ein Umweg“) auf einem Alltagserlebnis. Sie wird erzählt aus der Sicht eines Taxifahrers in Paris, der zu später Stunde ein Pärchen chauffiert. Nach einem Streit zwischen den beiden steigt er aus, sie bleibt allein auf dem Rücksitz zurück und schließlich fährt er mit ihr in die Provence, womit er ihr einen Wunsch erfüllt, den sie ihrem Partner gegenüber stets vergeblich geäußert hat. Wie es zwischen den Protagonisten weiter geht, lässt Jean-Philippe Devise bewusst offen. Und nutzt diese und andere Leerstellen, um mit den Schülern über sein Werk ins Gespräch zu kommen. Geschickt und humorvoll moderierend bezieht er seine Zuhörer mit ein, geht immer wieder durch die Reihen und bringt das Publikum dazu, sich intensiv in seine Figuren und Handlungsabläufe hineinzudenken - und sich dazu zu äußern, so oft es geht auf Französisch. Auch die zunächst auf Deutsch gelesene Kurzgeschichte trägt er anschließend noch einmal in seiner Muttersprache vor, lässt die Schüler immer wieder Teile davon übersetzen und zeigt sich „vachement impressionné“ (schwer beeindruckt) von den Fähigkeiten seiner Zuhörer selbst schwierige Passagen zu verstehen.
„Was, nur noch fünf Minuten?“ Am Ende ist Jean-Philippe Devise selbst über die Kurzweiligkeit seines Programms erstaunt und hätte gern noch mehr Einblicke in sein Werk geboten. Schulleiter Stefan Maier bedankt sich bei ihm und bei DHG-Lehrerin Antje Stach, die federführend für die Französisch-Fachschaft die Lesung organisiert hat. Sein Anspruch sei es, so Monsieur Devise, keine Geschichten zu schreiben, bei denen man sich langweilen könnte. Bei seiner Lesung für das DHG ist er diesem Anspruch jedenfalls voll und ganz gerecht geworden.